Praxisbeispiel

Lernen Sie Sparks kennen, ein junger, erwachsener Kater mit Pruritus.

Darf ich vorstellen: SPARKS

Ein 12 Monate alter, kastrierter Abessinierkater

  • Sparks, ein Wohnungskater, kommt wegen intensiven Kratzens mit Selbstverletzungen an Kopf, Ohren und Hals seit ein bis zwei Wochen in die Praxis. Die Besitzerin berichtet außerdem, dass er sich seit einem Monat gelegentlich erbricht. 
  • Sparks frisst seit seiner Entwöhnung dieselbe Marke an Katzentrockenfutter. Allerdings hat der Besitzer vor etwa fünf Monaten damit begonnen, verschiedene Sorten Nassfutter der gleichen Marke zu füttern, damit Sparks etwas Abwechslung in seine Ernährung bekommt. Sparks erhält keine anderen Leckerlis oder Speisereste vom Tisch.
  • Die körperliche Untersuchung zeigt Abschürfungen und andere Anzeichen eines selbst zugefügten Traumas unter dem Unterkiefer und am Hals. Es besteht auch eine periokulare Hypotrichose. Es wurden keine Anzeichen für Flohbefall oder andere äußere Parasiten gefunden, und die Besitzerin verwendet ein vom Tierarzt verschriebenes Mittel gegen Flöhe und Parasiten. Sparks zeigt im Untersuchungsraum einen sichtbaren Juckreiz, verhält sich aber ansonsten normal. 
  • Sparks hat einen Body Condition Score von 5/9 und einen normalen Wert für den Muskelzustand (Muscle Condition Score).

Hauterkrankungen

Atopische Dermatitis (Atopie) 

Die atopische Dermatitis (Atopie) bei Hunden ist eine vererbbare, entzündliche und juckende, Ig-E-vermittelte allergische Hauterkrankung, die durch Umweltallergene ausgelöst wird.1 Zu den komplexen Ursachen der Krankheit gehört wahrscheinlich auch eine gestörte Hautbarriere, die zu einem erhöhten transepidermalen Wasserverlust führt.2 Über die Rolle der Genetik, der IgE oder einer gestörten Hautbarriere bei der atopischen Dermatitis bei Katzen ist weniger bekannt.2,3 

Die gemeldete Häufigkeit bei Haustieren variiert zumindest teilweise abhängig von der untersuchten Population, den Diagnosemethoden und der geografischen Lage (d. h. abhängig von unterschiedlichen Arten und Mengen von Allergenen in der Umwelt).4 Die Häufigkeit wurde mit 12,5 % der Katzen angegeben, die aufgrund von dermatologischen Symptomen in einer Universitätsklinik vorgestellt wurden,5 vs. lediglich 1 % der Katzen, die aufgrund von Hauterkrankungen in Allgemeinarztpraxen untersucht wurden.6 Bei Hunden wird die Prävalenz auf 3–15 % geschätzt.4 

Bei Krankheitsbeginn sind Hunden und Katzen normalerweise unter 3 Jahre alt.2,7 Die atopische Dermatitis ist eine chronische Erkrankung, deren klinische Symptome abhängig von dem/den beteiligten Umweltallergen(en) saisonal oder ganzjährig auftreten (typischerweise mit akuten Schüben). Ein klinisch signifikanter Prozentsatz der Hunde und Katzen mit atopischer Dermatitis weist darüber hinaus auch eine Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit auf. Die Behandlung der atopischen Dermatitis bei Haustieren besteht aus einem multimodalen Ansatz, der auch die Ernährung einschließt. 

Symbol „rotes generisches Follikel“

Kernbotschaften


  • Atopische Haustiere leiden häufig an Juckreiz. Bei Hunden treten häufig Erytheme und sekundäre Hautinfektionen auf, und bei betroffenen Katzen wird häufig eine miliare Dermatitis oder ein eosinophiler Granulomkomplex diagnostiziert. Die bei Haustieren auftretenden Symptome Alopezie (Haarausfall), Kratzverletzungen oder Otitis externa (Gehörgangsentzündungen) können bei einigen Hunden die einzigen Erscheinungsformen sein.2,7  
  • Bei Hunden sind die dermatologischen Symptome einer atopischen Dermatitis identisch mit den Symptomen von Futtermittelallergien oder -unverträglichkeiten.8-11 Hunde mit dermatologischen und gastrointestinalen Symptomen haben eher eine Futtermittelunverträglichkeit als eine atopische Dermatitis, während Hunde mit saisonalen Symptomen eher an atopischer Dermatitis leiden.9,10 Bei Katzen kann die atopische Dermatitis klinisch entweder mit den Symptomen einer Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit oder mit einer Flohallergie identisch sein.2  
    • Die Diagnose einer atopischen Dermatitis ist eine Ausschlussdiagnose. Bei Haustieren, die das ganze Jahr über klinische Symptome zeigen, sollte ein Nahrungsmittelausschlusstest durchgeführt werden, um eine Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit auszuschließen.2 Außerdem sollte auf einen angemessenen Schutz gegen Flöhe und andere Ektoparasiten geachtet werden. 
    • Haustiere können von mehr als einem Krankheitsbild betroffen sein.5,7,12 Von den Hunden und Katzen, bei denen eine atopische Dermatitis diagnostiziert wurde, wurde bei fast 17 % der Hunde und bei etwa 13 % der Katzen gleichzeitig eine Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit festgestellt.5,12 Ein teilweises Ansprechen bei einem Nahrungsmittelausschlusstest kann darauf hindeuten, dass ein Haustier sowohl an einer Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit als auch an atopischer Dermatitis leidet. 
  • Eine gezielte Ernährungsstrategie kann bei Haustieren mit atopischer Dermatitis im Rahmen eines multimodalen Behandlungsansatzes eingesetzt werden:  
    • Die Erhöhung des Gehalts an Linolsäure (LA), einer Omega-6-Fettsäure mit 18 Kohlenstoffatomen, im Futter verbesserte die Haut- und Fellqualität bei gesunden Hunden.13,14 Da Linolsäure die Hautbarriere unterstützt und dazu beitragen kann, den transepidermalen Wasserverlust zu verringern, kann durch ihre Supplementierung eine günstige Wirkung bei atopischen Haustieren erzielt werden.2 Darüber hinaus verringerte die Supplementierung der langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) den Juckreiz und/oder Hautläsionen bei atopischen Hunden15-18, wobei in einer Studie eine Cyclosporin-einsparende Wirkung festgestellt wurde.18 Eine Kombination aus Linolsäure, Gamma-Linolensäure (eine Omega-6-Fettsäure), EPA und DHA führt zu einem reduzierten Steroidbedarf bei Hunden mit atopischer Dermatitis.19  
    • Eine Supplementierung mit Vitamin D oder E reduzierte die Punktzahl atopischer Hunde auf dem CADESI-Index (Canine Atopic and Dermatitis Extent and Severity Index).20 
      • Der Nutzen von Vitamin D kann auf dessen immunmodulierende Wirkung zurückzuführen sein,20 während Vitamin E einen Beitrag zur Verringerung des oxidativen Stresses in der Haut atopischer Hunde leisten kann.21 
    • Eine Studie ergab, dass ein Probiotikum (Milchsäurebakterien) zu einem Rückgang der CADESI- und Juckreizwerte bei atopischen Hunden führte, was wahrscheinlich auf die Abschwächung der Immunreaktion zurückzuführen war.22 Es bedarf weiterer Studien zur Untersuchung der Darm-Haut-Achse und zum möglichen Einfluss von Probiotika. 
    • Die Vermeidung von Nahrungsmittelallergenen ist bei Haustieren mit Atopie und Futtermittelallergie oder -unverträglichkeit nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Aufgrund von Kreuzallergien kommt es bei Hunden mit Hausstaubmilbenallergie, die mit Vorratsmilben kontaminiertes Futter fressen, häufig zu Atopie-/Allergieschüben. Daher sollten Futterbeutel versiegelt und in Innenräumen aufbewahrt werden, um die Möglichkeit einer Kontamination zu verringern.23 

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Literatur

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  2. Gedon, N. K. Y., & Mueller, R. S. (2018). Atopic dermatitis in cats and dogs: A difficult disease for animals and owners. Clinical and Translational Allergy, 8, 41. doi: 10.1186/s13601-018-0228-5 
  3. Halliwell, R., Pucheu-Haston, C. M., Olivry, T., Prost, C., Jackson, H., Banovic, F., Nuttall, T., Santoro, D., Bizikova, P., & Mueller, R. S. (2021). Feline allergic diseases: Introduction and proposed nomenclature. Veterinary Dermatology, 32, 8–e2. doi: 10.1111/vde.12899 
  4. Hillier, A., & Griffin, C. E. (2001). The ACVD task force on canine atopic dermatitis (1): Incidence and prevalence. Veterinary Immunology and Immunopathology, 81, 147–151. 
  5. Ravens, P. A., Xu, B. J., & Vogelnest, L. J. (2014). Feline atopic dermatitis: A retrospective study of 45 cases (2001–2012). Veterinary Dermatology, 25(2), 95–102, e27–e28. doi: 10.1111/vde.12109 
  6. Hill, P. B., Lo, A., Eden, C. A. N., Huntley, S., Morey, V., Ramsey, S., Richardson, C., Smith, D. J., Sutton, C., Taylor, M. D., Thorpe, E., Tidmarsh, R., & Williams, V. (2006). Survey of the prevalence, diagnosis and treatment of dermatological conditions in small animals in general practice. Veterinary Record, 158(16), 533–539. doi: 10.1136/vr.158.16.533 
  7. Bajwa, J. (2018). Atopic dermatitis in cats. Canadian Veterinary Journal, 59(3), 311–313. 
  8. Mueller, R. S., & Unterer, S. (2018). Adverse food reactions: Pathogenesis, clinical signs, diagnosis and alternatives to elimination diets. The Veterinary Journal, 236, 89–95. doi: 10.1016/j.tvjl.2018.04.014  
  9. Hobi, S., Linek, M., Marignac, G., Olivry, T., Beco, L., Nett, C., Fontaine, J., Roosje, P., Bergvall, K., Belova, S., Koebrick, S., Pin, D., Kovalik, M., Meury, S., Wilhelm, S. & Favrot, C. (2011). Clinical characteristics and causes of pruritus in cats: A multicentre study on feline hypersensitivity‐associated dermatoses. Veterinary Dermatology, 22(5), 406–413. doi: 10.1111/j.1365-3164.2011.00962.x 
  10. Picco, F., Zini, E., Nett, C., Naegeli, C., Bigler, B., Rüfenacht, S., Roosje, P., Ricklin Gutzwiller, M. E., Wilhelm, S., Pfister, J., Meng, E., & Favrot, C., (2008). A prospective study on canine atopic dermatitis and food-induced allergic dermatitis in Switzerland. Veterinary Dermatology, 19(3), 150–155. doi: 10.1111/j.1365-3164.2008.00669.x 
  11. Favrot, C., Steffan, J., Seewald, W., & Picco, F. (2010). A prospective study on the clinical features of chronic canine atopic dermatitis and its diagnosis. Veterinary Dermatology, 21(1), 23–31. doi: 10.1111/j.1365-3164.2009.00758.x 
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  13. Kirby, N. A., Hester, S. L., Rees, C. A., Kennis, R. A., Zoran, D. L., & Bauer, J. E. (2009). Skin surface lipids and skin and hair coat condition in dogs fed increased total fat diets containing polyunsaturated fatty acids. Journal of Animal Physiology and Animal Nutrition, 93(4), 505–511. doi: 10.1111/j.1439-0396.2008.00832.x 
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  18. Müller, M.R., Linek, M., Lowenstein, C., Rothig, A., Doucette, K., Thorstensen, K., & Mueller, R. S. (2016). Evaluation of cyclosporine-sparing effects of polyunsaturated fatty acids in the treatment of canine atopic dermatitis. Veterinary Journal, 210, 77–81. doi: 10.1016/j.tvjl.2015.11.012 
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  20. Klinger, C. J., Hobi, S., Johansen, C., Koch, H-J, Weber, K. & Mueller, R. S. (2018). Vitamin D shows in vivo efficacy in a placebo-controlled, double-blinded, randomised clinical trial on canine atopic dermatitis. Veterinary Record, 182(14), 406. doi: 10.1136/vr.104492 
  21. Plevnik Kapun, A., Salobir, J., Levart, A., Tavčar Kalcher, G., Nemec Svete, A., & Kotnik, T. (2014). Vitamin E supplementation in canine atopic dermatitis: Improvement of clinical signs and effects on oxidative stress markers. Veterinary Record, 175(22), 560. doi: 10.1136/vr.102547 
  22. Ohshima-Terada, Y., Higuchi, Y., Kumagai, T., Hagihara, A., & Nagata, M. (2015). Complementary effect of oral administration of Lactobacillus paracasei K71 on canine atopic dermatitis. Veterinary Dermatology, 26(5), 350–e75. doi: 10.1111/vde.12224 
  23. Olivry, T., & Mueller, R. S. (2019). Critically appraised topic on adverse food reactions in companion animals (8): Storage mites in commercial pet foods. BMC Veterinary Research, 15, 385. doi: 10.1186/212917-019-2102-7